Eistee, HipHop und eine App: Wie 4Bro-Gründer Engin Ergün mit einer Subkultur den Handel erobert - HORIZONT (2024)

Engin Ergün hat 4Bro 2020 gegründet

Jung, unkonventionell und ein bisschen "street" – so lässt sich 4Bro am besten beschreiben. Die Produktpalette aus Getränken und Snacks findet sich mittlerweile in den Regalen großer Supermarktketten wie Rewe und Edeka, wo sie mit Geschmacksrichtungen und Namen wie "Bubble Gum" und "Legend" auffällt. Doch zum Erfolgsrezept der Marke gehören noch weitere Komponenten, allen voran der Fokus auf eine spezielle Zielgruppe und die Integration einer Bonus-App. Wie es ihm gelungen ist, nach weniger als zwei Jahren am Markt 2021 mehr als 60 Millionen Euro umzusetzen und wer eigentlich diese "Bros" sind, erzählt 4Bro-Gründer Engin Ergün im Interview mit HORIZONT.

Mit Eistee fing alles an. Im April 2020 launchte Ergün seine Food- & Beverages-Marke, noch bevor Rap-Größen wie Shirin David oder Capital Bra ihre eigenen Eistees herausbrachten. Die Zielgruppe ist jedoch in allen Fällen ähnlich: junge, konsumfreudige Menschen, viele von ihnen– aber keineswegs alle– mit Migrationshintergrund, ständig in Social Media unterwegs und mit hoher Affinität zum Deutschrap-Genre. Dass sich aus diesen Attributen eine breite Kundschaft generieren lässt, der ein bestimmter Lifestyle gemeinsam ist, hat Ergün laut seiner Erzählung eher zufällig entdeckt und geschickt für seinen Markenaufbau genutzt. Dabei kam ihm vor allem seine Erfahrung als Chef der auf Ethno-Marketing spezialisierten Agentur Ethno IQ zugute.Bemerkenswert ist der schnelle Erfolg von 4Bro gerade deshalb, weil das Marketingkonzept ausschließlich auf Online-Werbung basiert, mit Instagram und TikTok als wichtigste Plattformen. Die junge Zielgruppe dort anzusprechen, wo sie sich am meisten aufhält, in einer Art und Weise, die ihrer alltäglichen Lebenswelt und Sprache sehr nahe kommt, sind die Schlüsselfaktoren. Nicht zu jedem passt dieser betont lässige und auf eine spezifische Subkultur aufbauende Ansatz, doch fürErgün macht er sich mehr als bezahlt.Herr Ergün, was genau macht für Sie die Bro Community aus und was verstehen Sie unter diesem Begriff?Die Community kann man mit einem einzelnen Satz gar nicht beschreiben. Die Idee zu 4Bro entstand so: Ich saß in einer Shisha Bar, wo sich Bros ja gerne aufhalten, und wusste natürlich auch, dass sich Jugendliche mit dem Begriff"Bro"ansprechen. Aber in dieser Shisha-Bar war das extrem, denn da kamen sehr viele Bros gleichzeitig zusammen und dadurch hat man ihre Community sehr authentisch erlebt. Ich war davon so fasziniert, dass ich mein iPhone weggelegt und einfach die Bros beobachtet habe – zwei Wochen lang immer wieder. Nach zehn Tagen kamen zwei von ihnen zu mir und fragten mich, ob ich vom BKA sei und nachdem ich das verneint hatte, setzte ich mich zu ihnen und betrieb von da an eine Art Feldforschung durch Gespräche mit den Bros. Dadurch und mithilfe unserer Azubis habe ich die Bro Community kreiert.Die sich wodurch definiert?Die funktioniert ganz klar über den Lifestyle. Der sogenannte"Bro Code", nämlich, dass Bros zusammenhalten und sich gegenseitig unterstützen, spielt dabei eine wesentliche Rolle und das Thema der innigen Freundschaft wird wiederum ausgelebt über den Lifestyle. Orte, an denen sich die Bros aufhalten – in Shisha-Bars, Cafés, Diskotheken – aber auch die Themenbereiche Gaming oder Musik, vor allem Deutschrap, machen diesen gemeinsam gelebten Lifestyle aus.Als es um die Findung des Markennamens und den Start der Markenkommunikation ging, hatten Sie da im Sinn, primär Männer anzusprechen? Denn durch den Markennamen besteht ja durchaus die Gefahr, dass Frauen sich nicht adressiert fühlen.Die Gefahr war und ist aus meiner Sicht gar nicht gegeben, denn"Bro"ist eigentlich ein Unisex-Begriff. An Treffpunkten wie Shisha-Cafés finden sich ja nicht nur Jungs, sondern auch Mädels und da habe ich beobachtet, dass die sich untereinander auch"Bro"nennen. Der Bro-Begriff umfasst einfach eine Community, die geschlechtsneutral und unabhängig von der jeweiligen Herkunft ist, also auch von Migrationshintergründen. Da kommen Deutsche, Türken, Russen, Polen zusammen und definieren sich über den Lifestyle der Bros, das ist das Entscheidende. Ich habe mir allerdings den Begriff"4Sis"auch schützen lassen.Um sich mit dieser Sub-Marke irgendwann doch speziell an Frauen zu richten?Wir haben eine WhatsApp-Gruppe mit inzwischen mehr als 2000 Bros, die wir regelmäßig zu Produkten, Designs etc. befragen. Eine unserer Ideen war, ein Produkt aus dem Kosmetikbereich"4Sis"zu nennen, aber die Mehrheit der WhatsApp-Gruppe – vor allem auch die Mehrheit der Frauen – war dagegen und hat für 4Bro plädiert. Deshalb hat sich die Frage, dass Frauen sich von unserer Marke ausgeschlossen fühlen könnten, für uns nie gestellt und kam auch in den sozialen Medien bei uns nie hoch. Der Bro-Begriff umfasst eine Community, die geschlechtsneutral und unabhängig von der jeweiligen Herkunft ist Engin Ergün Von Gender-Marketing halten Sie für Ihre Marke also nicht so viel, weil Ihre Community das gar nicht möchte?Der Begriff "Bro" hat wie gesagt mit männlich oder weiblich gar nichts zu tun, sondern ist eine Person, die sich einfach zu der Community hingezogen fühlt.Aber für den geschützten Begriff"4Sis"haben Sie dennoch Zukunftspläne oder liegt das erst mal auf Eis?Wir sind immer kreativ unterwegs und dabei auch sehr spontan. Wenn sich die richtige Gelegenheit mit dem richtigen Produkt und dem passenden Thema auftut, dann machen wir das mit Sicherheit. Wir sind immer für alles offen und interagieren sehr stark mit unserer Community. #PAYWALL Und wenn diese uns dahinführt und bestimmte Produkte einfordert, dann setzen wir das auch um.Stichwort Community: Bevor die ersten 4Bro-Produkte gelauncht wurden, musste die Marke ja erst mal etabliert werden und auch die Community gab es so noch nicht. Gerade einige Eistee-Sorten – Ihr erstes Produkt &n

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